
Die Eltern eines Kindes, welches Symptome einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörung (kurz auch: ADHS) zeigt, erleben ihren Alltag häufig als tägliche Herausforderung. Oft geraten sie in einen Kreislauf aus Sorgen, Überforderung und Erschöpfung. Áuch kann die gesamte Familie unter den Folgen einer ADHS leiden.
Laut Bundesgesundheitsministerium wird angenommen, dass ca. 2-6% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland unter einer ADHS leiden. Laut Statista waren es 2017 38, 8 Kinder und Jugendliche von 1.000, die unter einer hyperkinetischen Störung (ICD-10: F90) litten (Bundesgesundheitsministerium, 2018, Statista, 2020).
Es gibt kein schwieriges Kind, sondern nur Kinder in schwierigen Lebenssituationen, und in denen wirken auch Erwachsene schwierig. Nur sie dürfen es und Kinder nicht. – Willy Hane
Problematische Auswirkungen zeigen sich häufig vor allem in der Schule, aber auch im Zusammenleben der Familie. Die Scheidungsrate von Eltern mit von ADHS betroffenen Kindern ist deutlich erhöht.
Außerdem treten bei ADHS-Betroffenen oftmals Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) wie z.B. Lese-Rechtschreibschwäche oder Tic-Störungen bzw. im Erwachsenenalter z.B. Depressionen oder Suchtverhalten auf.
Leidet mein Kind unter ADHS?
Drei Hauptsymptome gelten als charakteristisch für ADHS:
– Hyperaktivität (übersteigerter Bewegungsdrang)
– Unaufmerksamkeit (gestörte Konzentrationsfähigkeit)
– Impulsivität (unüberlegtes Handeln)
Wichtig ist: Die Symptomatik ist hochindividuell und bei jedem Kind anders ausgeprägt. Deshalb ist ein geeigneter Behandlungsansatz nicht so leicht zu bestimmen.
Deshalb ist es auch schwierig zu bestimmen, unter welchen Umständen eine Diagnostik erfolgen muss und wann man von einem aufgeweckten und „wilderen“ Kind ausgeht. Meine Erfahrungen zeigen, dass auch Kinder deren Verhalten „schwierig“ erscheint, nicht zwangsläufig eine Ergo- oder Verhatlentstherapie benötigen und oft auch keine Medikamente.
Entscheidend bei einem Verdacht auf das Vorliegen einer ADHS ist eine differenzierte Diagnostik, um eine gesicherte Diagnose zu erhalten und erfolgsorientierte Interventionen ableiten zu können. Dazu gehören z.B. eine Eigen- udn Fremdanamnese, Leitungstests, Konzentrationstests oder bei begründetem Bedarf auch EEG und Laborstatus.
Komplikationen entstanden, dauerten an und wurden überwunden. – Captain Jack Sparrow
Was tun?
Wie aber bereits weiter oben beschrieben habe ich die Erfahrung gemacht, dass häufig allzu schnell eine Diagnose erfolgt und die Eltern (häufig z.B. auch seitens der Schule) dazu gedrängt werden, entsprechende Interventionen einzuleiten.
Jeder Besuch bei einem Kinderpsychiater hat allerdings (je nach Alter) meiner Meinung nach Auswirkungen auf das Kind, die u.U. auch den gegenteiligen Effekt haben können, in dem das Kind vermittelt bekommt „Ich bin nicht normal. Ich bin so krank im Kopf, dass ich sogar zum Psychiater muss“.
Eine Möglichkeit für Eltern die den Verdacht haben, dass ihr Kind unter einer ADHS leidet, stellt in einem ersten Schritt das Einholen von Informationen dar. Um zu wissen, wie man am besten vorgeht, benötigt man so viel Wissen wie möglich. Dabei können Anlaufstellen wie Frühe Hilfen einen wesentlichen Beitrag leisten. Hier können Beratungsgespräche ohne Anwesenheit des Kindes erfolgen , so dass dieses vorerst keiner (eventuell unnötigen) belastenden Situation ausgesetzt wird.
Selbsthilfegruppen bieten eine weitere Möglichkeit, sich mit anderen Eltern auszutauschen und Erfahrungswerte erfragen zu können.
Es existieren viele Bücher zum Thema, die viele Informationen bieten und dabei unterstützen können, den für sein Kind und sich richtigen Weg zu finden. Hier finden sich auch viele Tipps und Hinweisen zu verschiedenen verhaltenstherapeutischen Instrumenten, wie z.B. Belohnungssysteme, Aufmerksamkeitstrainings oder Achtsamkeitsübungen, bei denen es sich lohnt sie einer Prüfung zur eigenen Nutzungsmöglichkeit zu unterziehen. Ist die ADHS nicht stark ausgeprägt, können sich schon durch das Wissen und die Anwendung einiger dieser Interventionen Erfolge erzielen lassen und diese zu einer Entspannung der Situation beitragen.
In diesem Zusammenhang lohnt es sich auch, die eigene familiäre Situation kritisch zu prüfen. Denn psychosoziale Bedingungen werden zwar nicht primär als ursächlich für eine ADHS angesehen, können den Schweregrad aber stark beeinfkussen und zur Verstärkung unerwünschten Verhaltens beitragen.
Wichtig!
Als Eltern von Kindern die unter einer ADHS leiden ist es enorm wichtig, auch an sich selbst zu denken. Denn nur allzu häufig bringen ADHS-betroffene Kinder ihre Eltern an ihre Grenzen, wodurch ein negativer Kreislauf entsteht, der eine Entspannung der Situation blockiert.
Einige unterstützende Hinweise gibt es unter „Was kann ich tun?„
Ist der Leidensdruck des Kindes sehr stark ausgeprägt, zeigt es sogar depressive bzw. eigen- oder fremdgefährdendes Verhalten oder entsteht durch das Verhalten des Kindes eine ausgeprägte Krisensituation, muss sofort gehandelt werden (Je nach Situation von der Vorstellung bei einem Kinderpsychiater bis zum Tätigen eines Notrufs).
Statista (2020). Häufigste psychische und Verhaltensstörungen unter Kindern und Jugendlichen in Deutschland in den Jahren 2016 und 2017. Abgerufen am 12.01.2020 von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1085575/umfrage/haeufigste-psychische-und-verhaltensstoerungen-unter-kindern/
Bundesgesundheitsministerium (2018). Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Abgerufen am 12.01.2020 von https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/kindergesundheit/aufmerksamkeitsdefizitsyndrom.html